Der schwarze Mönch von Harald Parigger. Jugendbuchempfehlung
Harald Parigger:
Der schwarze Mönch
1. Bibliografische Angaben und Lesestufe
- Harald Parigger: Der schwarze Mönch. München: dtv junior, 2005, 416 S.
- Lesestufe: 7.–8. Klasse
2. Inhaltsangabe
Der 15-jährige Gerhard lebt allein mit seinem Vater, einem Schmied, im Jahr 1212 in Speyer. Nach dem Tod seiner Ehefrau hat dieser begonnen zu trinken und seinen Sohn zu prügeln. Gerhard hasst sein verwahrlostes Zuhause und ist daher schnell bereit, dem wundersamen Prediger Nikolaus zu folgen, der mit einer großen Schar Kinder nach Speyer gekommen ist und dazu aufruft, das Heilige Land zu befreien. Seine Reden sind so mitreißend, dass sich immer mehr Kinder dem Zug anschließen. Darunter ist schließlich auch die geheimnisvolle Irmingard, in die Gerhard sich verliebt. Er weiß nicht, dass sie in Wahrheit das jüdische Mädchen Rebekka ist, deren Eltern in Speyer von Nikolaus und dessen Vater ermordet worden sind. Die Eltern hatten viel Gold bei sich, das gesammelt worden war, um den Juden zu helfen, die vor der Bedrohung durch die Kreuzzugshysterie fliehen. Dieses Gold haben Nikolaus und sein Vater gestohlen; der fanatische Mönch will damit später eine gigantische Kirche zu Ehren Gottes erbauen. Diesen Mord haben Rebekka und ihr kleiner Bruder beobachtet. Während der Bruder kopflos davon gerannt ist, hat Rebekka Rache geschworen. Irmingard also kennt das wahre Gesicht des angeblich von Gott gesandten Predigers. Aber auch Gerhard beschleichen mit der Zeit mehr und mehr Zweifel an dem Anführer des Kinderkreuzzugs und seinen Absichten. Schließlich hungern die Kinder meist, sind völlig unzureichend ausgerüstet und werden von Nikolaus und seinen Schergen brutal angetrieben, sogar über die Alpen. Dort kommen viele um. Als Gerhard beobachtet, wie Nikolaus seinen Freund Berthold, der den Anführer kritisch zur Rede stellt, in eine Schlucht stürzt, durchschaut auch er den Wahnsinn des Mönchs. Aufgrund ihrer offen zur Schau getragenen Skepsis werden Gerhard und Irmingard innerhalb des Trosses immer mehr zu Außenseitern. Als der Zug am Meer ankommt und dieses sich trotz Nikolaus’ inständiger Gebete nicht vor den Kindern teilt, wird Gerhard als möglicher Schuldiger am ausbleibenden Wunder fast zu Tode gesteinigt. Irmingard gelingt es, den Schwerverletzten zu dem jüdischen Arzt Salomon in Genua zu bringen. Dort wachsen die beiden als dessen Kinder auf und heiraten schließlich heimlich. Während Irmingard die Heilkunde erlernt, wird Gerhard zu einem erfolgreichen Kaufmann. Nach Salomons Tod kehren die beiden als äußerst wohlhabende Bürger nach Speyer zurück. Hier trifft Gerhard nach all den Jahren wieder auf Nikolaus, der immer noch Hass predigt. Dieser droht nun, Irmingards wahre Identität als Jüdin vor den Speyerer Bürgern aufzudecken. Doch bevor es dazu kommt, gibt Nikolaus auf, weil er von einem Aussätzigen, der Irmingards kleiner Bruder ist, mit Lepra angesteckt worden ist.
3. Kurzinformationen zum Autor
Harald Parigger (geboren 1953) arbeitete zunächst als Gymnasiallehrer, später im Haus der Bayerischen Geschichte in München und heute als Schulleiter. Er verfasst Gedichte, Theaterstücke und Kinderbücher sowie vor allem historische Romane für Jugendliche.
4. Allgemeine Einordnung
Es geht in dem Roman um Fanatismus, Verführbarkeit, Ausgrenzung und Toleranz. Um den Toleranzgedanken zu veranschaulichen, lässt Parigger den jüdischen Arzt Salomon die Ringparabel aus Lessings Nathan der Weise, die auf Boccaccios Dekameron zurückgeht, erzählen (S. 336–338), als Gerhard und Irmingard sich wegen ihres unterschiedlichen Glaubens zu zerstreiten drohen. Die Schüler allerdings werden am meisten durch die anschaulichen Schilderungen mittelalterlichen Lebens angesprochen. Hier lassen sich in einem fächerübergreifenden Unterricht mit Geschichte auch gut Vergleiche zu den Lebensumständen der Jugendlichen heute herstellen.
5. Strukturelle und sprachliche Besonderheiten
Der Roman ist in 16 Kapitel unterteilt und umfasst 416 Seiten. Das erste und die beiden letzten Kapitel bilden die Rahmenhandlung, die 30 Jahre nach dem Kinderkreuzzug spielt, als Gerhard und Irmingard bereits wieder in Speyer als wohlhabende Bürger leben. Die Binnenhandlung wird chronologisch von dem Tag an erzählt, als Gerhard im Jahr 1212 zum ersten Mal eine Predigt von Nikolaus hört. Die Handlungszusammenhänge sind insgesamt für die Schüler problemlos verständlich. Der Roman ist zudem aufgrund seiner recht einfach strukturierten Sprache für Schüler gut lesbar.
6. Didaktische Anregungen
Ein fächerübergreifender Unterricht mit Geschichte bietet sich gut an, da im Roman Gesellschaft und Leben im Hochmittelalter sehr anschaulich und historisch korrekt dargestellt werden. Ein gewisses Basiswissen der Schüler zu diesem Themenbereich sollte sonst zumindest vorausgesetzt werden. Darüber hinaus aber bietet Der schwarze Mönch auch weitere interessante Ansatzpunkte für einen ergiebigen Literaturunterricht: Die Reden Nikolaus’ lassen sich hervorragend auf ihre Manipulationskraft hin bereits mit Siebtklässlern analysieren. Hier ist insbesondere die erste Predigt, die Gerhard hört, äußerst ergiebig (S. 43–47). Es lassen sich sowohl die positiven Versprechungen als auch die unterschwelligen Drohungen herausarbeiten. Ebenso gut sind die sozialen Mechanismen darstellbar, die dazu führen, dass gesellschaftliche Gruppen wie die Juden genauso wie später Gerhard und Irmingard von den anderen Kindern ausgegrenzt werden. Eine ganz zentrale Bedeutung wird des Weiteren die Besprechung der Ringparabel haben. Zum Abschluss der Unterrichtsreihe lassen sich durchaus mögliche aktuelle „Verführer“ thematisieren. Erfahrungsgemäß bieten die Schüler von sich aus hier passende Beispiele an, zu denen dann recherchiert werden kann. Anhand vorbereitender Arbeitsaufträge, die in ein Lesetagebuch einzutragen sind, bereiten die Schüler die anschließende Besprechung praktisch selbst vor. Die folgenden Aufträge sind für einen fächerübergreifenden Unterricht konzipiert, die Auftragsnummer bezieht sich jeweils auf das entsprechende Kapitel, wobei nicht alle Kapitel berücksichtigt sind.
(1) a) Gerhard ruft zu Gott im Dom von Speyer: „Wie kannst du es zulassen, dass dieses Scheusal in deinem Namen Unheil predigt!“ (S. 19) Du hast einen Ausschnitt aus der Predigt des schwarzen Mönchs gelesen. Warum führt diese Predigt in Gerhards Augen zu „Unheil“? Wie wirken die Worte des Mönchs auf dich?
b) Schlage folgende Begriffe in einem Lexikon nach und notiere ihre Bedeutung:
- Gaukler
- Patrizier
- Schultheiß
- Dormitorium
(2) Warum möchte Gerhard dem Mönch Nikolaus auf den Kreuzzug folgen? Sammle Gründe!
Kannst du Gerhards Begeisterung verstehen?
(3) a) Lege eine Liste an: Welche Gegenstände nimmt Gerhard auf seine Reise mit?
b) Warum beschleichen Gerhard auf den Rheinwiesen erste Zweifel am Kreuzzugsunternehmen?
(4) a) Was erfährst du über das Leben der Juden? Welchen Gefahren und Anfeindungen sind sie ausgesetzt?
b) Es werden viele Begriffe aus dem jüdischen Leben genannt. Versuche in Erfahrung zu bringen (z. B. bei deinem Religionslehrer), was sie bedeuten:
- Gojim
- Sabbat
- Purim-Fest
- Mezuzah
(5) Was erfährst du über das Leben und die gesellschaftliche Stellung der Gaukler?
(6) Der Prozess gegen Nikolaus’ Vater – notiere:
a) Wo findet er statt?
b) Wer nimmt daran teil?
c) Warum „hängt“ dem Vogt sein Amt „zum Hals heraus“?
d) Welche Bedingungen muss jemand erfüllen, der einen anderen anklagen will?
(7) Aus welchen Gründen hat sich die Stimmung unter den Kindern so verändert?
(8) Was bedeutet es, „Aussätziger“ zu sein?
(9) Gerhard muss einsehen, dass er die Kinder nicht von der Wahrheit überzeugen
kann. Wenn er es aber doch versuchen würde, was sollte er sagen?
Schreibe die Rede, die Gerhard halten könnte, um die Kinder zu überzeugen,
dass sie den Kreuzzug verlassen müssen!
(10) Irmingard sagt: „Er hat viel gewagt, aber er hat noch viel mehr gewonnen.“ (S. 256) Was meint sie damit?
(11) Was bedeutet es, ein „Novize“ zu sein?
(13) Erkundige dich: Wo kämpfen heute noch Angehörige unterschiedlicher Religionen gegeneinander?
(14) Welche Bedingungen müssen erfüllt werden, um das Bürgerrecht in Speyer zu erhalten?
empfohlen von Astrid van Essenberg