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So einen wie mich kann man nicht von den Bäumen pflücken, sagt Buster von Bjarne Reuter. Jugendbuchempfehlung

Bjarne Reuter:

So einen wie mich kann man nicht von den Bäumen pflücken, sagt Buster

1. Bibliografische Angaben und Lesestufe

  • Bjarne Reuter: So einen wie mich kann man nicht von den Bäumen pflücken, sagt Buster. Hamburg: Carlsen, 2004, 194 S. (aus dem Dänischen von Sigrid Daub, Originaltitel: Busters verden)
  • Lesestufe: 5.–6. Klasse

2. Inhaltsangabe

Der Held des Buches ist der zirka elf Jahre alte Buster Oregon Mortensen. Gleich zu Beginn wird deutlich, dass er es nicht leicht hat im Leben. Seine Mitschüler machen sich über ihn lustig, seine jüngere Schwester wird wegen einer Gehbehinderung verspottet, sein Vater ist ein arbeitsloser Zauberer, der das wenige Geld der Familie vertrinkt, und seine Mutter ist zu überlastet, um sich um ihn oder seine Schwester zu kümmern. Doch Buster schafft es, seinen traurigen Alltag durch einen unglaublichen Optimismus zu bewältigen. Er baut sich eine Traumwelt auf, in der sein liebstes Hobby, das Zaubern, die größte Rolle einnimmt. So kann ihn auch die Vorhersage seines Mathelehrers, mit seinen schlechten Leistungen könne er nicht einmal Straßenkehrer werden, nicht erschüttern. Er organisiert sich zwar einen Nebenjob, doch seine einzige Leidenschaft ist und bleibt die Zauberei. Trotz der Angriffe seiner Mitschüler gelingt es Buster, sein Selbstbewusstsein zu erhalten. Witzig und schlagfertig ist er nie um eine Antwort verlegen und weiß sich durch erstaunliche Tricks an seinen Feinden zu rächen. Sein Anderssein und die ärmlichen Verhältnisse seiner Familie sind ihm nicht peinlich, er ist stolz auf seinen ungewöhnlichen Vater und sieht in ihm den berühmten Zauberer, nicht den arbeitslosen Alkoholiker. Seine Selbstsicherheit kommt ins Wanken, als er Joanna kennenlernt. Er ist begeistert von dem Mädchen, das augenscheinlich aus sehr gutem Hause kommt. Immer wieder versucht er, sie für sich zu gewinnen, und tatsächlich ist sie von seiner Art fasziniert. Sie lädt ihn zu ihrem Gartenfest ein und verhilft ihm damit zu einer Gelegenheit, sein Zauberkönnen vor größerem Publikum zu präsentieren. Sein Leben ändert sich durch diesen Erfolg nicht, er bleibt ein Außenseiter, aber sein Optimismus und sein Selbstbewusstsein geben ihm immer wieder Kraft und treiben seine Umwelt schier in den Wahnsinn.

3. Kurzinformationen zum Autor

Bjarne Reuter wurde 1950 in Dänemark geboren. Sein erstes Buch schrieb er mit 25 Jahren, fünf Jahre später war er bereits ein erfolgreicher Autor und gab seinen Beruf als Lehrer auf. Inzwischen hat er über 60 Bücher geschrieben. In Deutschland sind vor allem seine Kinderbücher bekannt, einige davon wurden verfilmt. Im Jahr 2000 wurde er mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis für Hodder, der Nachtschwärmer ausgezeichnet. Ebenfalls von Buster handeln die beiden Bücher Das Ende des Regenbogens und Küss die Sterne!.

4. Allgemeine Einordnung

Das Besondere an diesem Buch im Vergleich zu anderen Kinder- und Jugendbüchern ist die fehlende Entwicklung des Helden. Buster bleibt ein Eigenbrötler und Außenseiter bis zur letzten Seite. Sein Kampfwille aber ist ungebrochen. „Ich komme schon durch“ (S. 183), mit dieser Aussage Busters endet das Buch und der Leser erkennt, dass der Optimismus der Hauptfigur nicht zu erschüttern ist. Reuters Roman eignet sich vor allem für die 5. und 6. Jahrgangsstufe. Verrückte Streiche Busters bringen die Kinder zum Lachen und sorgen für die nötige Lesemotivation. Daneben werden Themen wie die Position eines Außenseiters, Mobbing in der Schule, ungesicherte Familienverhältnisse oder das erste Verlieben behandelt, die auch im Deutschunterricht umgesetzt werden können. Das Buch wurde verfilmt (Busters verden. Regie: Bille August, Drehbuch: Bjarne Reuter. DK 1984, deutsche Titel: Busters Welt, Buster, der Zauberer oder Der Junge mit dem Zauberstab), es wäre also denkbar, einen Vergleich zwischen Roman und Film mit der Klasse durchzuführen.

5. Strukturelle und sprachliche Besonderheiten

Der Roman umfasst ungefähr 180 Seiten und ist in 14 Kapitel unterteilt. Jedem Kapitel geht als Überschrift ein handgeschriebener Satz voraus, der sich im Text wiederfindet und oftmals den Kern des Abschnitts trifft. Der Satzbau ist klar, viele Dialoge machen den Text unterhaltsam und ansprechend. Das Geschehen wird überwiegend aus der Sicht Busters wahrgenommen. Da nicht aus der Ich-Perspektive geschildert wird, verhindert Reuter eine zu starke Identifikation des Betrachters mit der Hauptfigur und ermöglicht so auch einen distanzierteren, manchmal vielleicht kritischen Blick auf ihr Tun. Dem Autor gelingt es, das Handeln Erwachsener aus der Sicht eines Kindes zu sehen und an den Leser weiterzugeben, wodurch ein großer Teil der Komik erreicht wird. Diese Komik ist es auch, die das oft erschreckende Geschehen in den Augen des Lesers verändert; durch trockene, sarkastische Äußerungen der Figuren und des Erzählers erscheint eine deprimierende Situation auf außergewöhnliche Art grotesk und regt zum Lachen an.

6. Didaktische Anregungen

Jeder Schüler sollte sich einen Schnellhefter besorgen, in den er alles schreibt, klebt oder malt, was in den folgenden Lektürestunden behandelt wird. Um die Figur Busters kennenzulernen und in ihre Gedankenwelt vorzudringen, kann eine fiktive Brieffreundschaft zwischen den Kindern und Buster ins Leben gerufen werden, die sich während der Lektürebesprechung entwickeln soll. Die Schüler schreiben aus der Sicht Busters an sich selbst. Sie sind so gezwungen, sich mit seiner Person auseinanderzusetzen, und lernen, mit seinen Augen zu sehen. Viele Situationen im Buch können von den Schülern nachempfunden werden und einige haben Ähnliches vielleicht selbst erlebt. Immer wieder wird die seelische und körperliche Gewalt von Kindern thematisiert. Buster und auch seine kleine Schwester Ingeborg leiden unter dem Spott und den Angriffen ihrer Mitschüler. Diese Übergriffe eignen sich für eine Fallbesprechung zum Thema Mobbing.

Konkretes Unterrichtsbeispiel zum Thema „Buster Mortensen – Ein Fall von Mobbing in der Schule“
Bereits auf den ersten Seiten wird klar, dass Buster Ziel der Angriffe seiner Mitschüler ist. Nach dem Sportunterricht entdecken die anderen, dass er anstatt eines Handtuchs ein Geschirrtuch dabeihat. Diese Entdeckung finden sie ungeheuer komisch. Buster versucht sich zu verteidigen, hat aber keine Chance. Seine Klassenkameraden nehmen ihm seine Kleidung weg und machen daraus ein Bündel, das sie in der Umkleidekabine herumwerfen. Um sie wiederzubekommen, soll er einen Orang-Utan nachmachen. Aus der Textstelle geht hervor, dass es schon oft zu Vorfällen dieser Art gekommen ist, und bei der Lektüre des Buches stoßen die Schüler auf weitere Schikanen gegen Buster und auch Ingeborg. Zur Verdeutlichung sollten alle Kränkungen und Verletzungen im Text markiert werden. Um die Schüler für die Kränkungen sensibel zu machen, wird die genannte Textpassage genauer untersucht. Es handelt sich um einen Fall von Mobbing. Der Begriff umschreibt das gezielte und über einen längeren Zeitraum gehende Schikanieren einer Einzelperson. Untersuchungen und Interviews mit Schülern haben gezeigt, dass Mobbing in der Schule keine Ausnahmeerscheinung ist. Es ist daher sehr wichtig, das Thema auch im Unterricht anzusprechen und zu vertiefen. Am Beispiel Busters wird den Schülern die Thematik eindrucksvoll vorgestellt. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf eine Doppelstunde. Ziele Die Schüler entlarven Busters Erlebnis nach dem Sport (Textgrundlage S. 9 –14) als typische Mobbing-Situation. Anhand seines Fallbeispiels erarbeiten sie eine Mindmap zum Thema Mobbing in der Schule. In der Erarbeitung und Durchführung eines Rollenspiels setzen sie sich intensiv mit dem Geschehen auseinander und reflektieren mögliche Lösungsstrategien.

Verlauf
1. Einstieg und Hinführung zum Thema
Die Schüler haben die Seiten 9 –14 als Hausaufgabe gelesen und fassen den Inhalt zusammen. Anschließend werden Erscheinungsformen von Gewalt in der Schule auf Folie präsentiert (das Wort „Mobbing“ sollte zu diesem Zeitpunkt noch nicht fallen):

  • schlecht über jmd. reden
  • jmd. lächerlich machen und bloßstellen
  • jmd. von sozialen Verbindungen und Anlässen (Party, Gruppenarbeit, Spiel) ausschließen
  • Gerüchte über einen Mitschüler (seine Eltern, Herkunft, ...) verbreiten
  • jmd. nicht zu Wort kommen lassen
  • sich über etwas Persönliches lustig machen (Äußerlichkeiten, Behinderungen, Körperformen, ...)
  • jmd. daran hindern, nach Hause zu gehen
  • Gegenstände/Kleidungsstücke/Schulsachen von Mitschülern verstecken, beschädigen
  • jmd. körperlich belästigen: stoßen, schlagen, kneifen, Bein stellen, streicheln, tätscheln, ...
  • Geheimnisse systematisch herumerzählen
  • andere Kinder zu aggressiven Taten gegen das Opfer aufhetzen
  • schadenfreudig lachen und auslachen
  • jmd. permanent als dumm hinstellen
  • jmd. beschimpfen und beleidigen
  • jmd. erpressen (Geld, Schweigen, ...)
  • jmd. Gewalt androhen (mit und ohne Waffen)
  • jmd. vorsätzlich Verletzungen zufügen als Mittel der Demütigung (Beispiele gewählt in Anlehnung an: Esther Lauper: Mobbing im Bildungsbereich. http://www.mobbing-info.ch/html/bildung.html [Stand: 11/2006]).

Die Kinder vergleichen die Ereignisse im Buch mit den Beispielen auf der Folie und ziehen Parallelen. Die Übereinstimmungen werden markiert. Schließlich „entlarvt“ der Lehrer die vorgestellten Verhaltensweisen als Erscheinungsformen von Mobbing unter Schülern.

2. Erarbeitung und Sicherung
In der Erarbeitungsphase werden sich die Schüler über Arten und Ursachen von Mobbing klar und lernen mögliche Reaktionen kennen. Die genannte Textstelle dient als Basis. Der Lehrer schreibt das Thema der Stunde Buster Mortensen – Ein Fall von Mobbing in der Schule groß an die Tafel. Zum Begriff Mobbing werden Assoziationen der Schüler gesammelt. Sie sind, in Verbindung mit dem folgenden Lehrer-Schüler-Gespräch, die Grundlage einer Definition. Diese wird, wie die folgenden Ergebnisse, an die Tafel übernommen. Die Schüler unterscheiden anschließend die im Buch genannten Kränkungen. Sie erkennen, dass Buster seelisch und körperlich angegriffen wird, und bekommen auf diese Weise eine Vorstellung der unterschiedlichen Ausprägungen von Mobbing. Um herauszufinden, warum gerade Buster zum Opfer wird, erhalten die Schüler den Arbeitsauftrag, die Textstelle nach möglichen Gründen für seine Opferrolle zu durchsuchen. Die Ergebnisse werden gesammelt und durch Erklärungen aus der Fachliteratur ergänzt. So haben Untersuchungen gezeigt, dass es nicht das Opfer schlechthin gibt. Als besonders gefährdete Personen gelten aber Schüler, die sich durch ein oder mehrere Merkmale von der Klasse abheben. Hierzu gehört sicherlich Buster. Auch die besonders Engagierten und Leistungsorientierten sowie die eher Introvertierten sind häufig
betroffen. Als letzter Punkt wird auf die möglichen Reaktionen der Opfer eingegangen. In einem Lehrer-Schüler-Gespräch wird herausgearbeitet, wie Buster sich seinen Mitschülern gegenüber verhält. Die Schüler diskutieren, ob sie seine Reaktion für sinnvoll halten und überlegen sich andere Möglichkeiten, aus der Opfer-Rolle herauszukommen. Hierbei sollte zwischen individuellen Maßnahmen und der Einbeziehung Dritter unterschieden werden. Dieses Element vervollständigt den Tafelanschrieb (s. nächste Seite), der nun von den Schülern ins Heft notiert wird.



3. Vertiefung und Reflexion
Die Erarbeitung der Mindmap hat den Schülern einen Überblick verschafft. Nun sollen sie versuchen, sich in Busters Situation hineinzuversetzen. Hierfür wird die Klasse in vier Gruppen eingeteilt. Jede bekommt die Aufgabe, eine Konfliktsituation, die Ähnlichkeit zu der im Buch haben sollte, in einem Rollenspiel umzusetzen. Dabei soll die Reaktion des Opfers im Mittelpunkt stehen. Jedes Team erhält eine Rollenkarte mit einer möglichen Verhaltensweise: Die Alternativen Kampf, Rückzug, gekonnte verbale Attacke und das Einschalten einer dritten Person stehen zur Verfügung. Bevor die Schüler ihre Szene präsentieren, werden sie aufgefordert, ihre Gedanken und Ideen in einer Art Drehbuch festzuhalten. Erst nachdem alle Gruppen ihre Szenen vorgespielt haben, wird im Plenum über die Reaktionen diskutiert. Dafür sollte sich der Lehrer im Vorfeld einige Leitfragen überlegen, etwa: Welche Reaktion erschien den Schülern am wahrscheinlichsten und mit welcher hat das Opfer die beste Chance, zu entkommen und das Problem zu lösen?


empfohlen von Mirela Trinkle