Begriffe der Erzähltextanalyse
Begriffe der Erzähltextanalyse
Begriff |
Erklärung |
Außensicht |
ein Erzähler beschreibt in personaler oder auktorialer Erzählperspektive, was von außen wahrnehmbar ist |
Bericht |
im epischen Werk: kurzer Abriss des Geschehens, dient der Zeitraffung |
Bewusstseinsstrom (stream of consciousness) |
assoziative, teilweise als ungeordnet erscheinende Aneinanderreihung der Gedanken, Erinnerungen, Empfindungen, Wahrnehmungen und Reaktionen einer Figur; Erzähltechnik des Bewusstseinsstromes: innerer Monolog |
Bildeben |
Textinhalt einer Fabel oder Parabel, der einer Sachebene zugeordnet werden muss |
Binnenerzählung |
Erzählung innerhalb einer Rahmenerzählung |
Dialog |
(griech. „Gespräch“), Wechselrede zwischen zwei Personen |
Epik |
(griech. „zum Epos gehörig“), im Unterschied zur Lyrik und zum Drama erzählende Dichtung: z. B. Fabel, Parabel, Novelle, Anekdote, Witz, Roman, Kurzgeschichte, Erzählung |
epische Breite |
weit ausholende Erzählweise, die bei Einzelheiten verharrt und häufig abschweift |
erlebte Rede |
Form zwischen direkter und indirekter Rede, verdeutlicht innere Vorgänge aus der Perspektive der Figur in der 3. Pers. Präteritum Beispiel: Er sagte: „Ich will jetzt ins Haus gehen.“ (direkte Rede) Er sagte, dass er ins Haus gehen wolle. (indirekte Rede) Er wollte jetzt ins Haus gehen. (erlebte Rede) |
Erzähler |
Vermittlungsinstanz zwischen dem fiktionalen Geschehen und dem Leser |
Erzählgegenwart |
zeitlicher Ort des Erzählers (im Gegensatz zum zeitlichen Ort des Erzählten) |
Erzählhaltung |
Der Punkt, von dem aus der Erzähler auf das Geschehen blickt, lässt sich mit den Begriffen „Nähe“ (personal) und „Ferne“ (auktorial) bezeichnen – Der auktoriale Erzähler (1. oder 3. Person Singular) überblickt das Geschehen, das er erzählt, berichtet über die Innen- und Außenwelt der Figuren, er kennt den Ausgang, mischt sich in das Erzählte ein und kommentiert Ereignisse. – Ich-Erzähler: Er ist mit einer Figur des Textes identisch und gehört damit zur fiktiven Welt des epischen Textes. – Der personale Erzähler (1. oder 3. Person Singular) ist selbst ein Teil der erzählten Welt, er verfügt nur über die Sicht der gewählten fiktiven Person und deutet die erzählte Welt ausschließlich subjektiv. |
Erzählperspektive |
Blickpunkt, von dem aus der Erzähler auf das Geschehen schaut |
Erzählschritte |
Entwicklung und Darstellung des Geschehens. Beim Geschehen kann man zwischen dem äußeren (sichtbare Handlung) und dem inneren Geschehen (Gedanken, Gefühle, Ängste) unterscheiden. |
Erzählte Zeit |
Zeit, in der sich die Handlung abspielt |
Erzählzeit |
durchschnittliche Zeit, die ein Leser zur Lektüre braucht |
Fabel |
(lat. „Erzählung“), literarische Gattung (episch, lyrisch), in der Tiere menschliche Eigenschaften verkörpern, meist mit Lehre, die erzieherischen oder satirischen Effekt erzielen soll, auch: Kern („plot“) einer epischen oder dramatischen Handlung |
Handlung |
(oder Geschehen) innere Handlung: spielt sich im Innenbereich (Gedanken, Gefühle) der Figuren ab äußere Handlung: spielt sich im wahrnehmbaren Bereich ab |
Held – Antiheld |
wertfreie Bezeichnung für die Hauptfigur eines Werkes; im Gegensatz zum Helden zeigt der Antiheld keinerlei heroische Züge, er ist passiv, schwach, Opfer der Umwelt (z. B. Woyzeck in Büchners gleichnamigem Drama) |
Innensicht |
ein auktorialer oder personaler Erzähler beschreibt, was nicht von außen wahrnehmbar ist, er kommentiert und deutet |
Innerer Monolog |
Gedanken einer Figur in der 1. Person Sg. Präsens |
Kurzgeschichte |
nach Vorbild der amerikanischen „short story“ eine Erzählung mit unmittelbarem Anfang (Einblendung), reduziertem Personal, straffer und linearer Erzählweise und meist offenem, deutungslosem Schluss; verwandt mit Novelle und Anekdote; Stoffe aus der Alltagswirklichkeit |
Märchen |
(mhd. „Kunde“, „Nachricht“), epische Form, thematisiert allgemein menschliche Konflikte in einer vom herkömmlichen Verständnis von Raum, Zeit und Kausalität losgelösten Wirklichkeit, häufig mit erzieherischem Impetus |
Monolog |
(aus griech. „allein“ + „Rede“), Selbstgespräch einer Person, kann verschiedene Funktionen übernehmen, z. B. als „epischer Monolog“: Beschreibung nicht dargestellter oder darstellbarer Sachverhalte „Reflexionsmonolog“: Kommentar der Figur „Konfliktmonolog“: Verdeutlichung des inneren Entscheidungskonfliktes „Entschlussmonolog“: im Anschluss an den Konfliktmonolog |
Novelle |
(ital. „Neuigkeit“), kürzere Vers- oder Prosaerzählung über eine „unerhörte Begebenheit“ (nach Goethe), die nicht alltäglich, aber wahrscheinlich (Unterschied zum Märchen) ist; pointierte, auf das Wesentliche beschränkte Struktur mit Höhe- und Wendepunkt |
Parabel |
(griech. „Vergleichung“, „Gleichnis“), gleichnishafte Erzählung mit Bild- und Sachhälfte und einem zumeist nicht ausdrücklich genannten Vergleichspunkt („tertium comparationis“); durch Analogiebildung wird die enthaltene allgemeine sittliche Wahrheit erschlossen |
Poesie |
(griech. „das Machen, Dichten“), allgemeine Bezeichnung für Dichtung; als Bezeichnung für Versdichtung steht sie im Gegensatz zur Prosa |
Prosa |
(lat. „geradewegs gehende Rede“), nicht durch Reim oder Metrum gebundene Redeweise, Gegensatz zur Poesie im engeren Sinne |
Roman |
(altfranz. „in der Volkssprache geschrieben“), epische Großform; Erzählgewebe aus Beschreibung, Dialog, Bericht zur entwerfenden Darstellung eines Welt- und Lebensausschnitts, in dem Kräfte von Schicksal und Umwelt auf Individuum oder Kollektiv einwirken |
Rückblende |
Unterbrechung des kontinuierlichen Erzählflusses, um auf etwas Vergangenes zu verweisen |
Sachebene |
als Gegenbegriff zur Bildebene das, was eigentlich gemeint ist; Bereich der Wirklichkeit, der auf der Bildebene verschlüsselt zum Ausdruck kommt |
Satire |
(lat. „Fruchtschüssel“), keine Gattung, sondern eine Haltung, die mit allen literarischen Gattungen eine Verbindung eingehen kann. Kennzeichen: spöttische Haltung, die indirekt kritisiert und dadurch eine Verbesserung der Zustände erreichen will |
Vorausdeutung |
Unterbrechung des kontinuierlichen Erzählflusses, um auf etwas Zukünftiges hinzuweisen |
Zeitdeckung |
Erzählzeit nahezu identisch mit erzählter Zeit; beschriebener Vorgang dauert dieselbe Zeit wie die Lektüre; dadurch Eindruck naturgetreuer Wiedergabe, Erhöhung der Eindringlichkeit und Unmittelbarkeit (bes. bei Bewusstseinsstrom) |
Zeitdehnung |
Verhältnis zugunsten der erzählten Zeit verschoben, Erzählzeit länger als erzählte Zeit; ein in Wirklichkeit kurzer Vorgang wird ausführlich beschrieben, dadurch Erhöhung der Anschaulichkeit |
Zeitraffung |
Verhältnis zugunsten der Erzählzeit verschoben, Erzählzeit kürzer als erzählte Zeit; ein in Wirklichkeit lange dauernder Vorgang wird sehr kurz beschrieben, dadurch große Dynamik; geeignet, um längere Zeiträume zusammenzufassen |